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Die Sicherheitsmarge im Aktienhandel

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Beispiel einer Aktie mit Sicherheitsmarge
Beispiel einer Aktie mit Sicherheitsmarge (Screenshot aus der GROWTH Investing Analysesoftware)

Die Sicherheitsmarge, auch bekannt als „Margin of Safety“, ist ein zentrales Konzept im Aktienhandel, das insbesondere von Value-Investoren geschätzt wird. Sie wurde durch den berühmten Ökonomen Benjamin Graham populär gemacht und dient als Puffer, um das Risiko von Fehlinvestitionen zu minimieren. Die Idee ist einfach: Man kauft eine Aktie nur, wenn ihr Marktpreis deutlich unter ihrem inneren Wert liegt, um mögliche Fehler in der Bewertung auszugleichen und sich gegen unerwartete negative Entwicklungen abzusichern.

Berechnung der Sicherheitsmarge

Um die Sicherheitsmarge zu berechnen, muss man zunächst den inneren Wert einer Aktie bestimmen. Der innere Wert kann durch verschiedene Bewertungsmethoden ermittelt werden, die sowohl qualitative als auch quantitative Aspekte berücksichtigen. Hier sind einige der gängigsten Methoden zur Berechnung des inneren Wertes:

Discounted Cash Flow

Das DCF-Verfahren ist eine der am häufigsten verwendeten Methoden zur Bewertung eines Unternehmens. Es basiert auf der Prognose der zukünftigen Cashflows und deren Diskontierung auf den heutigen Wert.

Um die zukünftigen Cashflows zu ermitteln, schätzen Sie die Cashflows des Unternehmens über einen bestimmten Zeitraum. Bei der Bestimmung des Diskontsatzes reflektiert dieser das Risiko und die Zeitpräferenz des Geldes. Oft dient hierbei der gewichtete durchschnittliche Kapitalkostensatz (WACC) als Maßstab. Die prognostizierten Cashflows werden auf den heutigen Wert diskontiert. Für die Berechnung des Terminal Value schätzen Sie den Wert der Cashflows nach dem Prognosezeitraum und diskontieren diesen ebenfalls auf den heutigen Wert. Die Summe der diskontierten Cashflows und des Terminal Values ergibt den inneren Wert des Unternehmens.

Multiplikator-Verfahren

Das Multiplikator-Verfahren, auch bekannt als Vergleichswertverfahren, basiert auf der Bewertung eines Unternehmens durch den Vergleich mit ähnlichen Unternehmen. Typische Multiplikatoren sind das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) und das Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV).

Um eine belastbare Vergleichsbasis zu erhalten, identifizieren Sie zunächst Unternehmen in derselben Branche. Danach berechnen Sie die relevanten Multiplikatoren für diese Vergleichsunternehmen. Schließlich wenden Sie die durchschnittlichen Multiplikatoren auf das zu bewertende Unternehmen an, um dessen inneren Wert abzuleiten.

Substanzwertverfahren

Das Substanzwertverfahren konzentriert sich auf die Bewertung der materiellen und immateriellen Vermögenswerte eines Unternehmens. Hierbei wird der aktuelle Marktwert der Vermögenswerte ermittelt und die Verbindlichkeiten werden abgezogen, um den Nettovermögenswert zu berechnen.

Zur Ermittlung der materiellen Vermögenswerte bewerten Sie die physischen Vermögenswerte wie Immobilien, Maschinen und Lagerbestände. Für die Ermittlung der immateriellen Vermögenswerte bewerten Sie die immateriellen Vermögenswerte wie Patente, Marken und Goodwill. Zum Schluss ziehen Sie alle Verbindlichkeiten vom Gesamtwert der Vermögenswerte ab, um den Nettovermögenswert zu erhalten.

Ertragswertverfahren

Das Ertragswertverfahren basiert auf der Schätzung der zukünftigen Erträge eines Unternehmens und deren Diskontierung auf den heutigen Wert. Es ist besonders nützlich für Unternehmen mit stabilen und vorhersehbaren Erträgen. Die Schritte zur Berechnung des inneren Wertes mit dem Ertragswertverfahren sind:

Zur Prognose der zukünftigen Erträge schätzen Sie die Erträge des Unternehmens über einen bestimmten Zeitraum. Bei der Bestimmung des Kapitalisierungszinssatzes reflektiert dieser das Risiko und die Renditeanforderungen der Investoren. Schließlich diskontieren Sie die prognostizierten Erträge auf den heutigen Wert.

Anwendung der Sicherheitsmarge

Die Sicherheitsmarge ist ein bewährtes Werkzeug zur Risikominimierung. Um sie in der Praxis anzuwenden, beginnen Sie mit einer gründlichen Fundamentalanalyse, um den inneren Wert einer Aktie zu bestimmen. Verwenden Sie seriöse und konservative Annahmen bei der Schätzung der zukünftigen Cashflows, der Multiplikatoren und der Erträge sowie bei der Bewertung der Vermögenswerte. Bestimmen Sie eine angemessene Sicherheitsmarge, die von Ihrer Risikobereitschaft abhängt. Value-Investoren, die sich eng an Benjamin Graham orientieren, kaufen eine Aktie nur, wenn der Marktpreis deutlich unter dem berechneten inneren Wert liegt. Typischerweise liegt der angestrebte Wert bei etwa 20-50 %.

Kritische Betrachtung

Obwohl die Sicherheitsmarge ein nützliches Konzept ist, gibt es einige kritische Punkte zu beachten. Zunächst einmal kann die Berechnung des inneren Wertes stark subjektiv sein und hängt von den Annahmen des Anlegers ab. Unterschiedliche Bewertungsmethoden und -parameter können zu verschiedenen Ergebnissen führen, was die Genauigkeit der Berechnung beeinträchtigen kann. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Marktvolatilität. In einem volatilen Markt können die Preise stark schwanken, was die Anwendung der Sicherheitsmarge erschwert. Kurzfristige Marktbewegungen können dazu führen, dass Aktien immer wieder unter ihren inneren Wert fallen oder diesen übersteigen, was die Entscheidung für einen Kauf oder Verkauf verkompliziert.

Die Sicherheitsmarge ist zudem eher für langfristige Investitionen geeignet und weniger für kurzfristiges Trading. Anleger müssen bereit sein, ihre Positionen über einen längeren Zeitraum zu halten, um von der Sicherheitsmarge zu profitieren. Dies erfordert Geduld und eine langfristige Perspektive, was für kurzfristig orientierte Investoren eine Herausforderung darstellen kann. Schließlich konzentriert sich die Sicherheitsmarge stark auf quantitative Analysen und kann qualitative Faktoren wie Managementqualität, Markttrends und Wettbewerbsvorteile vernachlässigen. Diese qualitativen Aspekte können einen erheblichen Einfluss auf den zukünftigen Erfolg eines Unternehmens haben und sollten daher nicht ignoriert werden.

Insgesamt ist die Sicherheitsmarge ein wertvolles Instrument für Anleger, jedoch erfordert ihre Anwendung eine sorgfältige und umfassende Analyse, die sowohl quantitative als auch qualitative Faktoren berücksichtigt.

Sicherheitsmargen und Anlagestrategien

Es gibt verschiedene Anlagestrategien abseits der Value-Strategie, bei denen die Sicherheitsmarge eine Rolle spielen kann. Hier sind einige Beispiele:

Growth-Strategie mit Sicherheitsmarge: Growth-Investoren suchen nach Unternehmen mit hohem Wachstumspotenzial. Hier lässt sich das Risiko  mindern, indem man nur in Wachstumsaktien investiert, deren aktueller Preis deutlich unter dem geschätzten zukünftigen Wert liegt. Dies hilft, gute Renditen bei geringerem Risiko zu erzielen. Ein Beispiel dafür ist das GROWTH Investing von Marcus Kitzmann.

Dividend-Investing: Anleger, die auf eine Dividendenstragegie setzen, können ebenfalls von einer Sicherheitsmarge profitieren. Indem sie Aktien von Unternehmen kaufen, deren Dividendenrenditen über dem Marktdurchschnitt liegen und deren Aktienpreis unter dem inneren Wert liegt, können sie sowohl regelmäßige Einkünfte als auch Kursgewinne maximieren und gleichzeitig das Risiko minimieren.

Contrarian-Investing: Contrarian-Investoren setzen darauf, gegen den Markttrend zu investieren, indem sie Aktien kaufen, die derzeit unbeliebt sind. Eine erkennbare Sicherheitsmarge kann auf potenziell profitable Aktien hinweisen, die einen Wertzuwachs versprechen. Dies erfordert allerdings eine besonders gründliche Analyse und eine solide Einschätzung des inneren Wertes.

Turnaround-Investing: Turnaround-Investoren suchen nach Unternehmen, die derzeit Schwierigkeiten haben, aber das Potenzial für eine Trendwende aufweisen. Eine Sicherheitsmarge wird hier genutzt, um Aktien von Unternehmen zu erwerben, die momentan unter ihrem inneren Wert erhältlich sind, was das Risiko mindert, falls die erwartete Erholung langsamer oder gar nicht erfolgt.

Asset Play: Bei dieser Strategie suchen Investoren nach Unternehmen, deren Marktwert unter dem Wert ihrer Vermögenswerte liegt. Durch die Sicherheitsmarge erhalten Investoren einen Puffer gegen mögliche Bewertungsfehler oder unerwartete Verluste.

Deep-Value-Investing: Deep-Value-Investoren konzentrieren sich auf Aktien, die extrem unterbewertet sind, oft aufgrund von Marktüberreaktionen oder kurzfristigen Problemen. Die Sicherheitsmarge ist hier entscheidend, um ein hohes Potenzial für Kursgewinne bei vergleichsweise geringem Risiko zu erzielen.

Durch die Einbeziehung einer Sicherheitsmarge in diese verschiedenen Anlagestrategien können Anleger ihre Risiken besser managen und die Wahrscheinlichkeit erhöhen, von langfristigen Wertsteigerungen zu profitieren.

Zusammenfassung

Die Sicherheitsmarge ist ein wertvolles Instrument für Anleger, um das Risiko zu minimieren und fundierte Entscheidungen zu treffen. Durch eine sorgfältige Fundamentalanalyse und die Anwendung einer angemessenen Sicherheitsmarge können Investoren potenzielle Fehlinvestitionen vermeiden und ihre Renditen maximieren. Es ist jedoch wichtig, die Subjektivität der Bewertung und die Volatilität des Marktes zu berücksichtigen. Die Sicherheitsmarge sollte in Kombination mit einer umfassenden Analyse und einer langfristigen Perspektive verwendet werden.

Für weiterführende Informationen und detaillierte Bewertungsmethoden empfehlen sich die Bücher von Benjamin Graham, insbesondere „The Intelligent Investor“, sowie aktuelle Analysen und Reports von Finanzexperten. Indem Sie sich intensiv mit dem Konzept der Sicherheitsmarge auseinandersetzen und es in Ihrer Anlagestrategie anwenden, können Sie Ihre Investitionen sicherer und erfolgreicher gestalten.

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