„Bottom-Fishing“ bezeichnet die Strategie, Aktien zu kaufen, die stark im Wert gefallen sind, in der Hoffnung, dass sie sich erholen und wieder an Wert gewinnen. Investoren, die Bottom-Fishing betreiben, suchen nach Unternehmen, deren Aktienkurse aufgrund von Marktüberreaktionen, temporären Schwierigkeiten oder anderen Faktoren unter ihren eigentlichen Wert gefallen sind. Das Ziel ist es, diese Aktien „am Boden“ (also zu einem sehr niedrigen Preis) zu erwerben und von der späteren Erholung zu profitieren. Es ist jedoch ein risikoreiches Vorgehen, da es schwierig sein kann, den tatsächlichen Tiefpunkt eines Aktienkurses genau zu bestimmen.
Grundlagen
Ob Bottom-Fishing als Anlagestrategie erfolgversprechend ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Vor allem erfordert diese Strategie ein tiefes Verständnis des Marktes und der spezifischen Unternehmen. Es geht darum, zu erkennen, ob ein niedriger Aktienkurs wirklich eine Unterbewertung darstellt oder ob er auf grundlegende Probleme im Unternehmen hinweist. Wenn letzteres der Fall ist, spricht man von einer sogenannten „Value Trap“ (Wertfalle). Gründliche Analyse und Forschung sind entscheidend, um zwischen temporär unterbewerteten Aktien und „Value Traps“ zu unterscheiden.
Doch auch, wenn man diese Aspekte richtig beurteilen kann, bleibt ein hohes Risiko bestehen, da es äußerst schwierig (manche würden sagen: nahezu unmöglich) ist, den tatsächlichen Tiefpunkt eines Aktienkurses zu bestimmen. Die erfolgreiche Identifikation von „Bottoms“ erfordert ein hohes Maß an Markttiming, das selbst für erfahrene Anleger herausfordernd sein kann. Es besteht immer die Gefahr, dass sich der Kurs nicht wie erhofft erholt oder sogar weiter fällt. Hinzu kommt der Umstand, dass angehende Bottom-Fisher oft mit einer falschen Zielvorstellungen an die Sache herangehen: mit wenig Aufwand schnell viel Geld verdienen. Bottom-Fishing kann jedoch in der Praxis sehr viel Geduld und gute Nerven erfordern. Investoren müssen mitunter sehr lange warten sein, bis sich der Markt für ihre ausgewählten Aktien erholt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Bottom-Fishing potenziell erfolgversprechend sein kann, aber auch ein hohes Risiko birgt und eine fundierte Kenntnis des Marktes sowie eine sorgfältige Analyse erfordert. Vor allem erforderte es die Fähigkeit, realistisch zu bewerten, wann es an der Zeit ist, eine Fehlkalkulation zu akzeptieren und sich von einer erfolglosen Anstrengung zu lösen, um weitere Verluste zu vermeiden. Es ist nicht für jeden Anlegertyp geeignet, besonders nicht für diejenigen, die risikoavers sind oder wenig Erfahrung mit Aktienmärkten haben.
Gute Strategie oder böse Falle?
Bottom-Fishing ist eine anspruchsvolle und riskante Strategie, vor der selbst erfahrene Investoren oft zurückschrecken. Umso interessanter ist die Beobachtung, dass gerade Börsen-Neulinge häufig zu diesem Ansatz tendieren. Dafür gibt es mehrere Gründe.
Unerfahrene Privatanleger könnten sich von niedrigen Aktienpreisen angezogen fühlen, in der Annahme, dass diese automatisch Schnäppchen darstellen. Sie gehen davon aus, dass die Aktien nur aufgrund von Marktschwankungen gefallen sind und bald wieder steigen werden. Der Gedanke „Was tief gefallen ist, muss auch wieder steigen“ erscheint logisch und einfach, besonders für diejenigen, die noch nicht tief in die Komplexitäten der Aktienanalyse eingetaucht sind. Zudem neigen Menschen dazu, auf scheinbare Schnäppchen hereinzufallen, um möglichst „günstig“ in den Markt einzusteigen. Berichte über „Turnaround-Aktien“ oder „versteckte Perlen“ in den Medien können Investoren zusätzlich beeinflussen und zu dem Glauben verleiten, dass Bottom-Fishing eine einfache Strategie zum schnellen Reichtum ist.
Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass Bottom-Fishing eine anspruchsvolle Methode ist, die ein gutes Verständnis des Marktes, eine fundierte Analyse und ein starkes Risikomanagement erfordert. Ohne diese Fähigkeiten und Kenntnisse kann dieser Ansatz hochriskant sein. Anleger sollten sich stets über die Risiken bewusst sein und möglicherweise professionelle Beratung in Betracht ziehen, bevor sie in Aktien investieren, besonders wenn sie einen Bottom-Fishing-Ansatz verfolgen möchten.
Bottom-Fishing vs. Value-Investing
Bottom-Fishing wird manchmal mit der Value-Strategie verwechselt, weil beide Ansätze auf dem Kauf von Aktien basieren, die im Vergleich zu bestimmten Bewertungsmaßstäben als günstig angesehen werden. Hier sind einige Gründe für die Verwechslung:
- Fokus auf unterbewertete Aktien: Sowohl Bottom-Fishing als auch die klassische Value-Strategie zielen darauf ab, Aktien zu kaufen, die unter ihrem potenziellen Wert gehandelt werden. Dieser gemeinsame Fokus auf „Schnäppchen“ kann zu einer Vermischung der beiden Konzepte führen.
- Reaktion auf Marktbewegungen: Beide Strategien können eine Reaktion auf Marktkorrekturen oder -rückgänge beinhalten, wobei Investoren nach günstigen Kaufgelegenheiten suchen.
- Kurzfristige vs. langfristige Perspektiven: Obwohl Bottom-Fishing oft eine kurzfristigere Perspektive hat und die Value-Strategie typischerweise langfristig orientiert ist, gibt es Überschneidungen. Einige Value-Investoren könnten kurzfristige Gelegenheiten nutzen, während sie gleichzeitig ihre langfristigen Value-Prinzipien beibehalten.
- Marktpsychologie: Beide Strategien nutzen die übermäßigen Reaktionen des Marktes aus – im Fall von Bottom-Fishing den übertriebenen Pessimismus und bei der Value-Strategie die Vernachlässigung solider Fundamentaldaten.
- Einfachheit der Darstellung: In Medien und populären Finanzdiskussionen werden komplexe Anlagestrategien gerne vereinfacht dargestellt, was dazu führen kann, dass nuancierte Unterschiede zwischen ähnlichen Strategien wie Bottom-Fishing und Value-Investing verwischt werden.
Trotz dieser Ähnlichkeiten ist es wichtig, die Schlüsselunterschiede zwischen den beiden Strategien zu verstehen: Bottom-Fishing konzentriert sich in erster Linie auf den Aktienpreis und potenzielle kurzfristige Gewinne, während die Value-Strategie eine ganzheitliche Bewertung des Unternehmens und seiner langfristigen Perspektiven beinhaltet.
Warum Peter Lynch vor Bottom-Fishing warnt
Das Zitat „Versuchen Sie kein Bottom-Fishing“, das dem Investor Peter Lynch zugeschrieben wird, spiegelt seine allgemeine Vorsicht gegenüber dem Versuch wider, den niedrigsten Punkt eines Aktienkurses vorherzusagen und zu diesem Zeitpunkt zu kaufen. Lynch, bekannt für seine erfolgreiche Karriere als Fondsmanager und für seine zahlreichen Ratschläge an Investoren, betonte stets die Wichtigkeit der Fundamentalanalyse und des Verständnisses der Unternehmen, in die man investiert.
Lynch warnte davor, den Markt timen zu wollen. Er glaubte, dass es fast unmöglich ist, konsequent den besten Zeitpunkt für den Kauf oder Verkauf von Aktien vorherzusagen. Er riet Anlegern, in Unternehmen zu investieren, die sie verstehen und deren Geschäftsmodell und Wachstumspotenzial klar sind. Bottom-Fishing konzentriert sich hingegen oft mehr auf den Preis als auf das Unternehmen selbst. Lynch befürwortete einen langfristigen Investitionsansatz statt der Jagd nach schnellen Gewinnen.
Kann man mit Bottom-Fishing erfolgreich sein?
Während es viele prominente Investoren gibt, die durch Value-Investing bekannt und erfolgreich geworden sind, ist die Liste derjenigen, die ausschließlich oder hauptsächlich durch Bottom-Fishing reich geworden sind, weniger offensichtlich. Dies liegt daran, dass Bottom-Fishing eine spezifische und risikoreiche Strategie ist, die nicht unbedingt als Kernstrategie der meisten erfolgreichen Großinvestoren gilt.
Einige erfolgreiche Investoren, darunter auch bekannte Namen wie George Soros oder Carl Icahn, haben gelegentlich Bottom-Fishing-Techniken eingesetzt, aber diese waren Teil einer breiteren, komplexeren Anlagestrategie, die auch andere Methoden umfasste. Diese Investoren sind nicht allein durch diese Strategie reich geworden.
Investoren, die sich auf Turnarounds oder Distressed Securities spezialisiert haben, könnten Bottom-Fishing-Techniken anwenden, um unterbewertete Unternehmen in schwierigen Zeiten zu kaufen. Jedoch ist auch dies nur ein Teilaspekt ihrer gesamten Anlagestrategie. Die meisten bekannten Großinvestoren, wie Warren Buffett oder Peter Lynch, haben ihre Portfolios durch langfristige, wertorientierte Investitionsstrategien aufgebaut, die auf der sorgfältigen Analyse von Unternehmen und Markttrends basieren.